Zwei Ausstellungen im Kosmosviertel rund um den Herbst 1989

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Kulturell wird derzeit im Kosmosviertel allerlei geboten. Zwei Ausstellungen wurden am 11. Oktober hintereinander eröffnet, die sich auf den Herbst 1989, also Ereignisse vor 30 Jahren, beziehen. Im Bürgerhaus geht es um 30 Jahre Friedliche Revolution und Mauerfall, wenige Schritte weiter im Kiezladen WaMa werden noch einmal 30 Jahre Erstbezug Kosmosviertel gewürdigt.

Beide Ausstellungen haben einen gewissen Bezug zum 7. Oktober 1989. An diesem Datum feierte die DDR noch einmal pompös ihren 40. Geburtstag. Es sollte auch der letzte Geburtstag sein, da 361 Tage später Deutschland wiedervereinigt wurde. Von daher wurde als Datum der Eröffnung eines gewählt, das in Nähe zum 7. Oktober lag. Der große Realitätsverlust der Regierung unter Erich Honecker über die damaligen Probleme im Land, sich davon unbeirrt feiern zu wollen, hat seinerzeit die Ereignisse der Friedlichen Revolution entscheidend verstärkt und so den Prozess eingeleitet, in dem am 9. November 1989 die Mauer fiel. Der 40. Jahrestag war aber auch das Zieldatum, das sich die DDR-Regierung stellte, um ihr am Ende letztes größeres Neubauprojekt in Berlin-Altglienicke als Erfolg bei der Schaffung dringend benötigten Wohnraums in der Hauptstadt zu verkaufen. Daher wurde in einem täglichen Drei-Arbeitsschichten-Programm alles Mögliche dafür getan, um nach dem Baubeginn im Januar 1989 zum 7. Oktober den Bezug der ersten Wohnungen an der Venusstraße verkünden zu können. Die Geburtsstunde, wo Leben in das Kosmosviertel einzog, das damals noch als Wohngebiet 2 Neubaukomplex Altglienicke formierte. Für das Prestigeobjekt wurden Bauarbeiter aus der gesamten Republik in die Hauptstadt abkommandiert.

Auftakt im Bürgerhaus mit der Ausstellung zur Friedlichen Revolution in Altglienicke

Für beide Ausstellungen schaute der Bürgerverein Altglienicke mit seiner AG Heimatgeschichte tief in sein Archiv, zu dem das seit Jahren ehrenamtlich betriebene Altglienicke Museum gehört, rief Bürgerinnen und Bürger auf, Bilder und Dokumente beizusteuern und einiges kam zusammen.
So wurde dann am 11. Oktober 2019 gegen 18 Uhr im 1. Stock des Bürgerhaus an der Ortolfstraße 182 die neue Ausstellung zum Thema “30 Jahre Friedliche Revolution und Mauerfall aus Altglienicker Sicht” durch den Bürgervereins-Vorsitzenden Joachim Schmidt und der Treptow-Köpenicker Kulturstadträtin Frau Cornelia Flader eröffnet. Mehr als 35 Personen lauschten dann den einführenden Worten und schauten sich mit Interesse danach die zahlreichen Tafeln an, die der Vorsitzende der AG Heimatgeschichte im Bürgerverein, Ronald Seiffert, bekannt auch als Hobbyfotograf, liebevoll zusammenstellte. Musikalisch wurde alles mit zwei selbstverfassten, zum Anlass passenden Liedern des Altglienickers Jonathan Scherbarth begleitet. Die Ereignisse im Herbst 1989 mit der Friedlichen Revolution und dem Mauerfall vom 9. November, den nachfolgenden Wahlkampf für die ersten und letzten freien Volkskammerwahlen und dem Prozess der Wiedervereinigung wurden allein aus der Sicht des Berliner Ortsteils Altglienicke präsent. Sie bilden damit eine gute regionale Ergänzung zu anderen Ausstellungen, die sich auf die zentralen Ereignisse im Ost-Berliner Stadtzentrum, in Leipzig oder anderen Großstädten fokussieren, denn der gesellschaftliche Umbruch in der DDR wurde seinerzeit auch in Kiezen wie Altglienicke mit diversen Aktivitäten vieler Menschen mitgestaltet.

Nach seinen früheren Ausstellungen “Die Mauer in Altglienicke” (2011) und “WendeZeiten - Die Friedliche Revolution in Altglienicke” (2014) konnte nämlich der Bürgerverein in den vergangenen Jahren aus der örtlichen Bevölkerung eine Fülle neues weiteres Material gewinnen, welches bisher in Privatbesitzen der Öffentlichkeit verborgen war. Darüber hinaus steuerte der benachbarte Rudower Heimatverein ergänzendes bei, weil auch dort seinerzeit Menschen waren, welche die bewegenden Ereignisse bei ihren Nachbarn fotografisch dokumentierten.

Wann ist die Ausstellung zu sehen?

Die Ausstellung ist bis zum Frühjahr 2020 zu den regulären Öffnungszeiten des Bürgerhauses Altglienicke im 1. Obergeschoss zu sehen. Feste Kernzeiten sind Montag bis Freitag von 12 bis 17 Uhr, aber auch darüber hinaus, wenn etwa Bibliothek oder Kiezklub offen haben, steht die Tür offen.

Weiter ging es in der WaMa mit 30 Jahre Erstbezug Kosmosviertel

Gegen 19.30 Uhr verlagerte sich das Publikum vom Bürgerhaus in den Kiezladen WaMa in der Ladenpassage des Kosmosviertels und wuchs unterdessen auf 50 Personen an. Dort wurde dann in einem Gemeinschaftsprojekt von Kiezband/ WeTeK und Bürgerverein die nächste Ausstellung eröffnet, wobei es sich eigentlich auch hier noch einmal in zwei Ausstellungen unterteilt. Neben 30 Jahre Erstbezug Kosmosviertel gibt es eine noch vom WaMa-Team zusammengestellte Dokumentation der Bepflanzung im Grünzug des Kosmosviertels. Dabei ist zu erfahren, dass dort unzählige Bäume aus anderen Regionen der Welt gepflanzt wurden, die man sonst oft nur in Botanischen Gärten findet. Hierzu gab es einen ausführlichen Vortrag von Diplom-Geologen Detlef Kirstein.

Die wiederentdeckten Tafeln aus der Planungsphase des Kosmosviertels

Die Ausstellung zu 30 Jahre Erstbezug Kosmosviertel unterscheidet sich noch einmal deutlich von der, die vom Bürgerverein Altglienicke schon im Frühjahr gezeigt wurde. Zwar finden sich etliche Bildtafeln wieder, auch das Planungsmodell des Ost-Berliner Magistrats für das Neubauvorhaben Altglienicke von 1987, aber das Ganze konnte vielfach ergänzt werden, um Dinge, die lange verschollen und so seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr zu sehen waren. Es gelang eine Erweiterung um viele Materialien und Tafeln aus der Planungsphase. Bei Aufräumarbeiten in Lagerräumen des Bürgerhauses wurden nämlich im Sommer dieses Jahres alte Ausstellungstafeln und weitere Modelle zum Kosmosviertel wiederentdeckt. Man sieht unter anderem Grundrisse und Fassadenpläne für eine nie realisierte Schwimmhalle, aber auch detailliert wie mal der sogenannte Dienstleistungswürfel aussehen sollte, von dem letztlich bis zum Abriss für das heutige Edeka-Center nur eine Kaiser’s-Supermarkt blieb. Es handelt sich um jene Ausstellung, die im Herbst 1989 in der alten Bauarbeiterbaracke in der Anne-Frank-Straße (das dann mehrere Jahre Altglienicker Bürgerzentrum war) gezeigt wurde, um die Bürgerinnen und Bürger über das Bauprojekt zu informieren. Dabei wurden unter anderem auf einer Tafel herausragende Baukräfte gewürdigt. Einer dieser Bauarbeiter konnte ausfindig gemacht werden und war dann auch um 30 Jahre gealtert zur Ausstellungseröffnung anwesend. Dieser berichtete auf der Bühne der WaMa den Anwesenden von der Stimmung auf der Baustelle und den Sorgen der Bauarbeiter zur damaligen Zeit.

Abschließend wurde bei Soljanka und Ostprodukten gefeiert

Um die Zeit vor 30 Jahren noch einmal in Erinnerung zu rufen, wurde aus dem Fundus des Altglienicke Museums das Schaufenster der WaMa mit einigen Waren des täglichen Bedarfs aus der DDR-Zeit dekoriert. Nachdem alles Offizielle gesagt und getan war, wurde das Büffet eröffnet, welches auch auf Ostprodukte fokussiert war. Es gab eine leckere, von André Bernhagen zubereitete Soljanka, dazu unter anderem Club Cola, Spreequell-Limo und Rotkäppchen-Sekt. Noch lange blieb man beieinander, um miteinander Gespräche zu führen, wie man die Zeit im Herbst 1989 erlebt hat und wie es beim Erstbezug im Kosmosviertel war, als zwischen den Häuserblöcken man sich noch durch viel schlammigen Boden kämpfen musste, weil Wege noch nicht fertig waren.

Wann ist diese Ausstellung zu sehen?

Die Ausstellung "30 Jahre Erstbezug Kosmosviertel" ist bis Ende November zu den regulären Öffnungszeiten der WaMa in der Ortolfstraße 206B zu sehen. Das ist vor allem Montag bis Donnerstag 11 bis 15 Uhr, mittwochs bis 18.30 Uhr.

Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Benjamin Barthmann
Foto: Joachim Schmidt
Foto: Joachim Schmidt
Foto: Joachim Schmidt
Foto: Joachim Schmidt
Foto: Benjamin Barthmann